Kabuki-Szene, Farbholzschnitt, Klassik Stiftung Weimar

Kabuki-Szene, Farbholzschnitt, Klassik Stiftung Weimar

Kitagawa Utamaro, Brustbildnis einer Geisha, Farbholzschnitt, Klassik Stiftung Weimar

Utagawa Toyokuni, Kalligraphierender Hase, Farbholzschnitt, Klassik Stiftung Weimar

Japanische Kunst in Weimar

Obwohl sich Japan in der sogenannten Edo-Zeit fast 250 Jahre lang vor den europäischen Kolonialmächten verschloss, waren bereits im 16. und beginnenden 17. Jahrhundert auf verschiedenen Handelswegen japanische Erzeugnisse des Kunsthandwerks nach Europa gelangt. Vor allem an den fürstlichen Höfen wurde die hohe Qualität der japanischen Lackarbeiten und des Arita-Porzellans geschätzt, die in den Kunst- und Wunderkammern Aufnahme fanden. Hier galten sie, vermischt mit chinesischem Kunsthandwerk, als exotische Kuriositäten. Auch in Weimar lässt sich diese Entwicklung nachweisen. Bereits in der Zeit von Großherzogin Maria Pawlowna, der Mutter Carl Alexanders, gab es im Kunst-Cabinet der Großherzoglichen Bibliothek eine Abteilung »Ethnographisches«, in der neben chinesischen Objekten auch einzelne japanische Fächer, Rollbilder und Holzschnitte zu sehen waren.

Kabuki-Szene, Farbholzschnitt, Klassik Stiftung Weimar

Kabuki-Szene, Farbholzschnitt, Klassik Stiftung Weimar

Als Carl Alexander 1873 die Wiener Weltausstellung besuchte, präsentierte sich Japan erstmals im großen Stil in eigenen kleinen Pavillons inmitten einer landestypischen Gartenanlage. Hier traf der Großherzog auf eine hochrangige japanische Delegation, die von Alexander von Siebold als Dolmetscher und diplomatischen Vermittler begleitet wurde. In den Medien löste die Präsentation der Japaner eine Welle der Begeisterung aus. Auch Carl Alexander zeigte sich derart beeindruckt von der herausragenden Qualität des japanischen Kunsthandwerks, dass er dem neuen Direktor des 1869 eröffneten Großherzoglichen Museums in Weimar, Carl Ruland, empfahl, die dort präsentierte Vorbildersammlung um japanische Werke zu ergänzen. Das auch im internationalen Vergleich frühe Interesse Carl Alexanders an einer Sammlung japanischer Objekte, die der einheimischen Industrie und dem hiesigen Handwerk zum Vorbild dienen sollte, ist bemerkenswert und spricht für seine Offenheit gegenüber anderen Kulturen.

Tatsächlich bot Alexander von Siebold bereits im Jahr 1874 Carl Ruland an, ihm von seiner nächsten Japan-Reise »interessante Gegenstände der Kunst und Industrie« zuzusenden. Carl Ruland war nicht nur ein hervorragender Kenner altmeisterlicher Zeichnungen und als künstlerischer Berater des Prinzgemahls von Queen Victoria, Prinz Albert, in England tätig gewesen, sondern verfügte auch über enge Kontakte zum South Kensington Museum in London, das sich später zum größten Kunstgewerbemuseum der Welt, dem berühmten Victoria & Albert-Museum, entwickeln sollte. Er erwarb schon 1875 einen englischen Prachtband über die japanische Keramik und später einige japanische Bücher mit Vogel-und Blumen- Illustrationen als Vorlagen für die einheimischen Porzellanmanufakturen. Auch japanische Ornament- und Musterbücher wurden für die Vorbildersammlung des Großherzoglichen Museums angekauft, die sich in den nun folgenden Jahren stetig erweiterte.

Kitagawa Utamaro, Brustbildnis einer Geisha, Farbholzschnitt, Klassik Stiftung Weimar

Kitagawa Utamaro, Brustbildnis einer Geisha, Farbholzschnitt, Klassik Stiftung Weimar

Im Jahr 1880 wurde die Permanente Ausstellung für Kunst und Kunstgewerbe am heutigen Goetheplatz eröffnet, die nicht nur eine Mischung aus originalem und neuem historistischen Kunstgewerbe präsentierte, sondern sich auch als Schaufenster der Großherzoglichen Kunstschule verstand. Es spricht für die hohe Wertschätzung des japanischen Kunstgewerbes in Weimar, dass für diesen Themenbereich gleich fünf Ausstellungsräume reserviert waren. Über den Verbleib der zahlreichen hier ausgestellten Objekte ist wenig bekannt, da es sich teils um eine Verkaufsausstellung handelte. Nur einzelne Exponate sind nachweislich überliefert.

Utagawa Toyokuni, Kalligraphierender Hase, Farbholzschnitt, Klassik Stiftung Weimar

Utagawa Toyokuni, Kalligraphierender Hase, Farbholzschnitt, Klassik Stiftung Weimar

Bislang war unbekannt, dass in Weimar schon Mitte der 1870er-Jahre Holzschnitte für das Großherzogliche Museum erworben wurden. Ein Konvolut von 20 Holzschnitten sowie eine Gruppe von raren illustrierten Büchern hat sich bis heute in der Graphischen Sammlung der Klassik Stiftung Weimar erhalten. Diese Objekte tragen teilweise auf der Rückseite Stempel des Großherzoglichen Museum und der Permanenten, die belegen, dass sie in den dortigen Graphischen Kabinetten verwahrt und bei Anfrage vorgelegt wurden. Zwar ist dieses Konvolut nicht umfangreich, doch stammen einige der Holzschnitte von den bedeutendsten japanischen Holzschnittkünstlern und umspannen einen Zeitraum vom 18. Jahrhundert bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sie zeichnen sich durch die Frische der verwendeten zarten Pflanzenfarben aus, da sie in der aktuellen Ausstellung »Chrysantheme und Falke« zum ersten Mal öffentlich gezeigt werden.

Anlässlich des 200. Geburtstages von Großherzog Carl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach (1818–1901) zeigen Klassik Stiftung Weimar, Friedrich-Schiller-Universität Jena und das Landesarchiv Thüringen – Hauptstaatsarchiv Weimar vom 4. Mai bis 1. Juli 2018 die Kabinettausstellung »Chrysantheme und Falke. Carl Alexander und Japan – Weimar  Jena ∙ Tokyo« im Weimarer Stadtschloss.

Abonnieren Sie hier unseren Blog!

Mehr zur Ausstellung »Chrysantheme und Falke«

Mehr Carl Alexander:

Carl Alexander: Dynastie und Ausbildung