Christoph Heinrich Kniep (1755–1825), Ideallandschaft, Feder in Grau und Braun, Pinsel in Braun und Graphit, 815 x 1077 mm, Schenkung von Ludwig Rinn an die Klassik Stiftung Weimar

Christoph Heinrich Kniep (1755–1825), Ideallandschaft mit Bacchus und Ariadne, 1790, Feder, schwarze Tusche, braun laviert, Klassik Stiftung Weimar

Christoph Heinrich Kniep (1755–1825), Ideallandschaft mit Apoll und Midas, 1789, Federzeichnung mit schwarzer Tusche, braun laviert, Klassik Stiftung Weimar

Christoph Heinrich Kniep (1755–1825), Grotte von Bonea, um 1788, Federzeichnung mit schwarzer Tusche, braun laviert, Klassik Stiftung Weimar

Christoph Heinrich Kniep (1755–1825), Capri und die Sorrentiner Halbinsel, Graphitstift, Feder laviert, Klassik Stiftung Weimar

Christoph Heinrich Kniep (1755–1825), Landschaft mit Flüsschen und Stauwehr, Graphit auf Papier, Klassik Stiftung Weimar

Christoph Heinrich Kniep:
Mehr als Goethes Auftragszeichner

Zum »Wochenendende der Graphik«, veranstaltet im Festsaal des Goethe-Nationalmuseums, ist erstmals die kostbare Schenkung »Ideallandschaft« von Christoph Heinrich Kniep zu sehen.

»Indes, tausend Dank, vor alles das Gute, das ich aus Ihren Händen erhielt. Es ist nun bald ein Jahr, da wir zusammen an Bord gingen, und da Sie den Punkt setzten, der den Circkel meines Glücks ausgehend macht.«

So schreibt der Landschaftszeichner Christoph Heinrich Kniep am 21. März 1788 aus Italien an Goethe, den er ein Jahr zuvor auf dessen Sizilien-Reise als Landschaftszeichner begleitet hatte. Auch wenn sich zwischen beiden keine freundschaftliche Beziehung entwickelte, die Reise half auch Kniep bei seiner Künstlerkarriere.

Der 1755 in Hildesheim geborene Christoph Heinrich Kniep stammte aus einer Bierbrauer- und Metzger-Familie, verwandtschaftliche Beziehungen ermöglichten ihm jedoch eine künstlerische Ausbildung. Zunächst als Porträtzeichner tätig, reiste er 1781 dank eines Stipendiums nach Rom und schloss sich bald dem Zirkel um Johann Heinrich Wilhelm Tischbein an. Im deutsch-römischen Kreis entwickelte sich Kniep immer mehr zum Veduten- und Landschaftszeichner und siedelte 1785 nach Neapel über. Hier fand er begeistert die Landschaft, die er in der Tradition der großen kanonisierten Meister als Lebensaufgabe künstlerisch umsetzen wollte. Auch die aus Rom vertrauten Freunde Tischbein und Hackert ließen sich sukzessive in Neapel nieder. Dort lernte er auch Goethe kennen. Tischbein, der die gemeinsam mit Goethe geplante Sizilienreise nicht mehr antreten konnte, schlug Kniep als Ersatzmann für diese Reise vor. Ein versierter Landschaftszeichner war Goethe wichtig, da Sizilien als Bildsujet noch wenig erschlossen war.

Christoph Heinrich Kniep (1755–1825), Ideallandschaft mit Apoll und Midas, 1789, Federzeichnung mit schwarzer Tusche, braun laviert, Klassik Stiftung Weimar

Christoph Heinrich Kniep (1755–1825), Ideallandschaft mit Apoll und Midas, 1789, Federzeichnung mit schwarzer Tusche, braun laviert, Klassik Stiftung Weimar

Sizilien faszinierte Goethe nicht nur wegen der bedeutenden antiken Überreste, die Landschaft mit ihrer Atmosphäre erinnerte ihn überwältigend an Claude Lorrain und die weiten Meeresflächen um die große Insel ließen in ihm zudem die Erkenntnis reifen, dass hier die »große, simple Linie« dominiere. Meer und Horizont, Insel und See wollte er als Landschaftszeichner selbst konturieren. Auch Kniep, der nun auch zu einem der Goethe’schen Zeichenlehrer wurde, konstituierte seine Sizilien-Veduten nach diesem Grundakkord. Sowohl Goethes wie Knieps Sizilien-Zeichnungen sind vom Umriss bestimmt, die kolorierten Blätter Knieps stellen wohl überwiegend nachträgliche Kolorierungen dar.

Ausgehend von einer Hackertschen Vedutenkonzeption, die eine getreue, wenn auch stilisierte Wiedergabe der wirklichen Landschaft erstrebte, versuchte Kniep zunehmend komplexer komponierte Ideallandschaften aus dem sizilianischen Naturerlebnis zu entwickeln. Den der Reise zugrunde liegenden Vertragsbedingungen gemäß konnte Goethe die während der Sizilienreise entstandenen Skizzen behalten. Mehr als 60 Zeichnungen dieser Kategorie haben sich in den Weimarer Graphischen Sammlungen erhalten.

Christoph Heinrich Kniep (1755–1825), Capri und die Sorrentiner Halbinsel, Graphitstift, Feder laviert, Klassik Stiftung Weimar

Christoph Heinrich Kniep (1755–1825), Capri und die Sorrentiner Halbinsel, Graphitstift, Feder laviert, Klassik Stiftung Weimar

Im Gegensatz zu Tischbein und Hackert hatte Goethe offenbar keine emotional-freundschaftliche Beziehung zu Kniep entwickelt, sondern eher eine sachlich bestimmte Sympathie. Kniep verehrte hingegen den Dichter und war ihm überschwänglich dankbar, half die Sizilienreise ihm doch für die weitere Künstlerkarriere. Der oft allgemein behauptete Einfluss Knieps auf den Zeichenstil von Goethe lässt sich allerdings schwer nachweisen; Ähnlichkeiten liegen wohl eher in ihrer gemeinsamen Beeinflussung durch Hackert begründet. Dass sie in Sizilien viel gemeinsam zeichneten, zeigt sich auch daran, dass eine Reihe von Zeichnungen wechselweise Goethe und Kniep zugewiesen wurden.

Christoph Heinrich Kniep (1755–1825), Landschaft mit Flüsschen und Stauwehr, Graphit auf Papier, Klassik Stiftung Weimar

Christoph Heinrich Kniep (1755–1825), Landschaft mit Flüsschen und Stauwehr, Graphit auf Papier, Klassik Stiftung Weimar

Goethe vermittelte Kniep im Anschluss an die Sizilienreise bedeutende Aufträge für großformatige Veduten. Auch in die herzoglichen Sammlungen von Weimar gelangten dank Goethes Vermittlung solche häufig mit antikischen mythologischen Szenen staffierte Ansichten. Wie beispielsweise »Heroische Landschaft mit Apoll und Midas« und »Heroische Landschaft mit Bacchanal«, die von Herzogin Anna Amalia während ihrer Italienreise von 1788 bis 1790 erworben wurden. Seine großformatigen arkadischen Landschaften zählen zu seinen eindrucksvollsten Werken.

Die Publizität des überschaubaren Oeuvres von Kniep verdankt sich in erster Linie der Bekanntschaft mit Goethe und dessen Protektion. Die Begrenzung auf das Medium der Zeichnung und auch Druckgraphik, seine Spezialisierung als Porträt- und dann als Landschaftskünstler eröffneten wenig Chancen für eine große Breitenwirkung. Die liebenswürdige Akkuratesse seiner Zeichenweise, die Präzision und Akribie mit einer diskreten Poesie verschmolz, hat ein bemerkenswertes, eher auf den zweiten Blick originelles Oeuvre gestaltet.

Christoph Heinrich Kniep (1755–1825), Grotte von Bonea, um 1788, Federzeichnung mit schwarzer Tusche, braun laviert, Klassik Stiftung Weimar

Christoph Heinrich Kniep (1755–1825), Grotte von Bonea, um 1788, Federzeichnung mit schwarzer Tusche, braun laviert, Klassik Stiftung Weimar

Zum »Wochenendende der Graphik« ist nun erstmals die Zeichnung »Ideallandschaft« von Christoph Heinrich Kniep zu sehen. Sie ist eine großzügige Schenkung von Ludwig Rinn an die Graphischen Sammlungen im Rahmen der Società dei dilettanti. Sie fügt sich ein in die anderen Zeichnungen aus dem Weimarer Bestand, hebt sich aber durch ihre kristalline Feinheit und duftig anmutende Helligkeit von ihnen ab und ist somit eine wertvolle Ergänzung.

Hermann Mildenberger und Svenja Gerndt präsentieren am Sonntag, 12. November 2017, jeweils um 13.30 und 15 Uhr im Festsaal des Goethe-Nationalmuseums die Zeichnung »Ideallandschaft« von Christoph Heinrich Kniep sowie weitere Werke des Künstlers aus Goethes Besitz und Erwerbungen der Herzogin Anna Amalia, die sie während ihrer Italienreise 1788 bis 1790 tätigte.

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