Herzogin Anna Amalia Bibliothek
Das Silberne Zeitalter auf dem Vorsatzblatt
Die Interessen von Großherzog Carl Alexander (1818-1901), dessen Geburtstag sich am 24. Juni zum zweihundertsten Male jährt, waren vielfältig. Er interessierte sich besonders für die Literatur und Kunst seiner Zeit, für die Wissenschaften und für theologische und historische Themen. Das wussten wohl auch diejenigen, die ihm zu verschiedenen Anlässen ein Buch geschenkt und mit einer Widmung versehen haben. Unter diesen »Widmungsexemplaren« Carl Alexanders finden sich naturwissenschaftliche Studien, historische Abhandlungen und politische Schriften ebenso wie Reiseberichte, genealogisches Schrifttum, literarische Anthologien, Gedichtbände und Romane. Neben Büchern, die ernste Themen wie die »sociale Frage« behandeln, findet sich auch leichte Kost. Einige Titel mögen uns heute geradezu kurios vorkommen, etwa zu »Keramischen Tagesfragen«, zu »Neuen deutschen Spielkarten« oder über den »Luftballon im Dienste der Wissenschaft«.
So mannigfaltig die gewidmeten Bücher sind, so vielfältig sind auch die Widmungen und ihre Verfasser, mit denen Carl Alexander über Jahre und Jahrzehnte in freundschaftlicher Verbindung stand oder die er eher flüchtig kannte. Angehörige des Hochadels, unter anderen Napoleon III. und Königin Victoria, sind hier ebenso vertreten wie Stars und Sternchen aus Kunst, Literatur, Wissenschaft und den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen: Der Afrika-Reisende Gerhard Rohlfs, die frühe Frauenrechtlerin Louise Otto-Peters, der Schriftsteller Hans-Christian Andersen, der Sozialreformer Hermann Schulze-Delitzsch, der General Bernhard von Moltke – sie alle haben Carl Alexander ein Buch gewidmet.
Unter den Widmenden findet sich auch der Schriftsteller Franz von Dingelstedt, der als Generalintendant des Weimarer Hoftheaters in den Jahren von 1857 bis 1867 das kulturelle Leben Weimars entscheidend mit geprägt hat. Anlässlich des Weihnachtsfestes 1865 überreichte er dem Großherzog Carl Alexander Beaumarchais’ ›Ein toller Tag oder Figaro’s Hochzeit‹ in eigener Übersetzung.
Vorangestellt hat er ein Widmungsgedicht:
»Serenissimo! / Zum Fest sei DIR von fremden Früchten / Hier eine Klaßische geweiht; / Um eigne, Herr, für DICH zu züchten, / Bleibt mir, DU weißt es, keine Zeit. / Doch wenn die Pflicht mein Dichterleben / Im Dienst der Musen auch zerstört, – / Ich will es nicht verloren geben / So lang’ es DIR, o Herr, gehört.«
Für eine Übersetzung des zum Klassiker avancierten Theaterstücks, welches für Wolfgang Amadeus Mozart als Vorlage seiner Oper ›Figaros Hochzeit‹ gedient hatte, reichte dem Theaterintendanten Dingelstedt noch die Zeit. Auf eigene Produktionen aus der Hand Dingelstedts musste der Herzog jedoch verzichten.
Mit Dingelstedt teilte Carl Alexander den Wunsch, Weimar wieder zum kulturellen Mittelpunkt Deutschlands zu machen. Ganz im Sinne des Herzogs förderte der Intendant vor allem das Schauspiel. Anlässlich des 300. Geburtstags von William Shakespeare ließ er im April 1864 innerhalb einer Woche alle sieben historischen Dramen des Briten aufführen – ein Ereignis, das über Weimars Grenzen hinaus für große Aufmerksamkeit sorgte. Gesteigert wurde das Aufsehen noch durch die Gründung der Shakespeare-Gesellschaft, die zur gleichen Zeit in Weimar stattfand.
In diesen Tagen, die ganz im Zeichen Shakespeares standen, waren auch eine Reihe prominenter Autoren und Wissenschaftler nach Weimar an den Hof eingeladen worden. Unter ihnen befand sich die Autorin Fanny Lewald-Stahr. Mit ihr verband der Großherzog eine jahrzehntelange Freundschaft. Drei ihrer Bücher, die sie ihm gewidmet hat, sind vermutlich 2004 in der Bibliothek verbrannt. Erhalten geblieben ist ihr letztes Buch mit dem Titel ›Zwölf Bilder nach dem Leben‹. Lewald schildert darin ihre erste Begegnung mit Carl Alexander, den sie am 22.10.1848 im Hotel Erbprinz in Weimar kennengelernt hat. In einem Brief bedankt sich der Herzog bei ihr für das Buch und für ihre Widmung und er kündigt an:
»Ich werde Ihr Buch gleich zu lesen beginnen, und zwar mit der großen Erwartung, zu welcher Ihre Feder mich längst berechtigt; ist dieselbe doch auch in Schilderung von Persönlichkeiten eine Meisterin.«
Und auch für die wissenschaftlichen Entwicklungen der Zeit interessierte sich Carl Alexander sehr. Bekannt war er unter anderem mit Heinrich Schliemann, dem Begründer der modernen Archäologie, der ihm ein antikisch eingebundenes Buch über die epochemachenden Ausgrabungen des frühgeschichtlichen Troja widmete.
In besonderer Weise war der Großherzog mit der Universität Jena verbunden, an welcher um 1900 besonders die Naturwissenschaften florierten. Der namhafte Evolutionsforscher Ernst Haeckel widmete Carl Alexander mehrere seiner Schriften – so auch das von dem Biologen selbst illustrierte Buch über Siphonophoren (»Staatsquallen«), die auf der berühmten Voyager-Expedition entdeckt wurden. In Haeckels Widmung an den »Rector Magnificentissimus« spricht sich Wertschätzung für das liberale Wissenschaftsverständnis des Förderers aus, der ihm zuweilen auch ein kritischer Gesprächspartner war.
Der Bestand an ›dem Grossherzog Carl Alexander dargebrachten Büchern‹ umfasst rund 260 Titel und ist Teil der ›Sammlung Carl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach‹ der Herzogin Anna Amalia Bibliothek. Die kleine Sammlung ist ein wunderbares Zeugnis für die vielfältigen Interessen und sozialen Beziehungen des Großherzogs und gibt einen Eindruck von der ausgeprägten Kultur des Schenkens und des Widmens in Weimars Silbernem Zeitalter.
Anlässlich des 200. Geburtstages von Großherzog Carl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach (1818–1901) zeigen Klassik Stiftung Weimar, Friedrich-Schiller-Universität Jena und das Landesarchiv Thüringen – Hauptstaatsarchiv Weimar vom 4. Mai bis 1. Juli 2018 die Kabinettausstellung »Chrysantheme und Falke. Carl Alexander und Japan – Weimar ∙ Jena ∙ Tokyo« im Weimarer Stadtschloss.