Zwischen Überschwemmungen und Dürren
Dr. Norbert Kühn, Professor für Vegetationstechnik und Pflanzenverwendung an der TU Berlin, im Interview über Auswirkungen des Klimawandels in historischen Gärten.
Welche Folgen des Klimawandels werden auf die historischen Gärten und ihre Gehölze besonders starke Auswirkungen haben?
Das größte Problem der historischen Gärten wird die steigende Unsicherheit bezüglich der Wetterereignisse sein. Extreme Situationen werden unerwartet zu ganz unterschiedlichen Jahreszeiten auftreten und können wesentlich länger dauern als bislang. Die stärksten Einflüsse werden zweifelsfrei stärkere und längere Hitze- und Trockenperioden haben, aber auch die Stürme gewinnen immer mehr an Bedeutung.
Wie werden sich die Parks hinsichtlich der Vegetation und der Gehölze verändern?
Die Gartendenkmalpflege hat das Ziel, Parks in einem authentischen Zustand zu bewahren und weiterzuentwickeln. War dies unter bisherigen Bedingungen schon nicht einfach, da es sich bei Parks und Gärten immer schon um fragile, dynamische Kunstwerke handelte, so wird es mit dem Klimawandel noch schwieriger werden. Es wird Pflanzen geben, die schlechter wachsen, verstärkt krank werden und absterben. Das sind vor allem die Gehölze der kühleren Herkunftsbereiche (Buche, Lärche, Fichte). Es wird aber auch Pflanzen geben, die von den wärmeren Bedingungen profitieren können (Götterbaum, Robinie, Schnurbaum). Aufgabe der Parkverwaltungen wird es sein, den Wandel so zu gestalten, dass die zentrale Idee, die räumliche Ausgestaltung und der emotionale Gehalt der Gartenkunstwerke erhalten bleiben, auch wenn sich im Detail die Pflanzenzusammenstellungen ändern werden.
Wie kann man klimatisch bedingte Veränderungen von historischen Gärten und Parks minimieren? Welche Strategien sind aus Ihrer Sicht zu entwickeln?
Nicht alle Pflanzen und nicht alle Standorte in einem Park reagieren gleich klimasensibel. Es gibt Baumarten, die den Klimawandel tolerieren werden und es gibt Standorte, die von sich aus einen Puffer gegen extreme Klimasituationen aufweisen, beispielsweise gegenüber Trockenheit durch einen hohen Grundwasserstand oder eine hohe Wasserspeicherkapazität des Bodens. Dort, wo sich Probleme andeuten, gilt es, den Bestand so weit wie gärtnerisch möglich fit zu machen, d.h. Maßnahmen zur Steigerung der Vitalität zu ergreifen. Solche Maßnahmen gibt es sehr viele, angefangen bei klassischen gärtnerischen Eingriffen wie Düngen, Wässern, Bodenveränderungen bis hin zu Arbeiten mit Humus, Terra Preta und Schnittmaßnahmen, wie zum Beispiel dem Zurücknehmen der Kronen. Solche Maßnahmen müssen auf den Standort abgestimmt sein. Es ist klar, dass sich daraus zusätzlich Aufgaben ergeben, die einen zusätzlichen Bedarf an Arbeitskräften und Geld erfordern. Erst wenn auch diese Möglichkeiten erschöpft sind, gilt es darüber nachzudenken, inwieweit andere Sorten und Arten angemessen eingesetzt werden können.
Gibt es Methoden oder Erfahrungswissen der früheren Hofgärtner, die auch heute noch gültig sind?
In den Parkverwaltungen hat sich tradiertes Wissen akkumuliert. Die Revierleiterinnen und die Gärtner wissen am besten über die Situationen und die möglichen Maßnahmen im Park bei den einzelnen Gehölzen Bescheid. Sie haben das Wissen durch ihre Vorgängerinnen und Vorgänger erworben und werden es weitergeben. Deshalb sind Regiebetriebe so wichtig. Allerdings werden die Aufgaben ansteigen und die Komplexität der Probleme wird sich erhöhen. Deshalb brauchen wir auch neueres, innovatives Denken für die historischen Parks und die Entwicklung weiterer Eingriffsmöglichkeiten. Zur Überwachung der Probleme, zur Möglichkeit frühzeitigen Eingreifens und einer besseren Vorsorge ist sicher auch eine bessere Digitalisierung nötig – auch wenn sie selbst die Probleme nicht lösen kann. Es wird auch weitere Forschung geben müssen.
Wie müsste sich das Budget der Träger entwickeln, damit alles getan werden kann, um die Parks zu erhalten?
Zum einen braucht es auf jeden Fall mehr Geld und mehr Arbeitskräfte. Dann sollte man sich klarmachen, dass plötzliche Ereignisse schnelles Handeln erfordern. Es bräuchte somit auch etwas wie Notfallrücklagen, die dann schnell einsetzbar sind.
Was können Besucherinnen und Besucher historischer Gärten oder Parks tun?
Die Besucherinnen und Besucher sollten weiterhin die Parks und Gärten besuchen und genießen. Sie können die Parkverwaltung und die Gärtnerinnen und Gärtner unterstützten, indem sie schonend mit den Anlagen umgehen und sich für ihren Erhalt einsetzen. Die hohe Qualität der historischen Parks und Gärten in Deutschland ist keine Selbstverständlichkeit. Sie sind ein hohes Gut, das es zu erhalten und zu bewahren gilt. Dafür können sich alle Parkbesucherinnen und -besucher einsetzen – wo immer sich eine Gelegenheit bietet.
Die Parks leiden unter Wetterextremen