Lucian Bernhard, Und wenn die Welt voll Teufel wär ... es soll uns doch gelingen!, 1914-1918, Museum Schloss Neu-Augustusburg, Weißenfels

Louis Oppenheim, Wir Barbaren!, 1916, Stiftung Deutsches Historisches Museum, Berlin

Wer sind die Barbaren?

Propaganda im Ersten Weltkrieg | Folge 2

Obgleich sich im Deutschen Reich vor 1914 eine kreative eine Plakatkunst entfaltete, gelang es den Verantwortlichen nicht, dieses Potential im Verlauf des Ersten Weltkriegs für die Propaganda zu nutzen. Die offiziellen Stellen – allen voran die Oberste Heeresleitung (OHL) – versäumten es, die Propaganda strategisch auszurichten, um eine allgemein ansprechende Kriegsbotschaft zu vermitteln. Man besaß keine adäquate Antwort auf die mediale Kriegsführung der Alliierten, die ganz auf die Dämonisierung des Feindes setzte und den Krieg zu einem Kampf um Demokratie und Zivilisation erklärte.

Die Behauptung der Deutschen, lediglich einen Verteidigungskrieg zu führen, erwies sich langfristig als nicht tragfähig, zumal es den Alliierten international gelungen war, die Mittelmächte als Angreifer zu brandmarken.

Die OHL sah es dagegen als unehrenhaft und als Verstoß gegen die Haager Landkriegsordnung von 1907 an, Bevölkerung und Heer des Feindes zu verunglimpfen. So versuchte man in Deutschland beispielsweise mit Hilfe von belehrenden Plakaten die eigene Bevölkerung für den Krieg zu gewinnen.

Der bekannte Grafiker Louis Oppenheim entwarf zahlreiche Plakate, die mit detaillierten Statistiken beweisen sollten, dass das Deutsche Reich weder für Militarismus noch Barbarei stehe, sondern eine Kulturnation sei.

Auch der seinerzeit bedeutende Künstler Lucian Bernhard, ab 1923 Professor für Reklamekunst am Kunstgewerbemuseum Berlin, setzte bei einigen seiner Plakate ganz auf schriftliche Botschaften; darunter den vielzitierten Liedtitel »Ein’ feste Burg ist unser Gott«.

Trotz des großen Erfolges des von Fritz Erlers entworfenen Plakats für die sechste Kriegsanleihe – es zeigt einen deutschen Soldaten mit Stahlhelm und Gasmaske vor Stacheldraht – griff man gerne auf antik oder mittelalterlich anmutende Motive zurück.

Auf eine Darstellung des Feindes verzichtete man bis 1918 fast gänzlich. Auch auf eine plakative Umsetzung des von Intellektuellen und Künstlern beschworenen ›Kulturkrieges‹ wurde größtenteils verzichtet. Die Versäumnisse der eigenen Propaganda wurden spätestens nach Kriegsende in Deutschland erkannt und von Verfechtern der ›Dolchstoßlegende‹ als wahrer Grund für die Niederlage genannt. In der Weimarer Republik und im ›Dritten Reich‹ entfaltete sich ein umso größerer Einsatz von Propagandaplakaten.

Ein Artikel aus dem Katalog zur Ausstellung »Krieg der Geister. Weimar als Symbolort deutscher Kultur vor und nach 1914«.

Ausstellung »Krieg der Geister. Weimar als Symbolort deutscher Kultur vor und nach 1914« | 1. August bis 9. November 2014 | Neues Museum Weimar

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