»Seid Ihr die Enkel Goethes oder Attilas?«

Romain Rolland

»Er klagt nicht Deutschland des Krieges an – »der Krieg ist die Frucht der Schwachheit und Dummheit der Völker« –, er läßt die Politik beiseite, aber er protestiert gegen die Zerstörung der Kunstwerke.

Vehement ruft er Hauptmann entgegen:»Seid Ihr die Enkel Goethes oder Attilas?«, um ihn dann wieder ruhiger zu beschwören, diesen Dingen keine geistige Rechtfertigung zu geben. »Im Namen unseres Europa, zu dessen erlauchtetsten Streitern Sie bis zu dieser Stunde gezählt haben, im Namen der Zivilisation, im Namen der Ehre des deutschen Volkes beschwöre ich Sie, Hauptmann, ich fordere Sie auf, Sie und die geistige Elite Deutschlands, unter der ich manchen Freund besitze, mit der äußersten Energie gegen ein Verbrechen zu protestieren, das sonst auf Euch zurückfiele.«

Rolland will, daß, so wie er selbst, sich die Deutschen nicht mit den militärischen Tatsachen solidarisieren, nicht »den Krieg als ein Fatum hinnehmen«. Er hofft auf einen Protest der Deutschen – freilich ohne zu wissen, daß damals in Deutschland niemand eine Ahnung von den politischen Vorgängen hatte oder haben konnte, und daß ein solcher öffentlicher Protest öffentlich nicht möglich war.«

Quelle: Stefan Zweig: Romain Rolland. Der Mann und das Werk. Rütten & Loening, Frankfurt 1921