Margot Käßmann in der Ausstellung »Cranach in Weimar«

Margot Käßmann in der Ausstellung »Cranach in Weimar« mit Kuratorin Karin Kolb

Podiumsdiskussion Cranach in Weimar: »Kunst oder Auftrag?« in der HerderKirche am 11. Mai 2015

Podiumsdiskussion Cranach in Weimar: »Kunst oder Auftrag?« in der HerderKirche am 11. Mai 2015

5 Fragen an Margot Käßmann

Am 11. Mai 2015 diskutierte Margot Käßmann mit Wolfgang Holler, Christopher Spehr und Julia Voss im Rahmen der Weimarer Cranach-Ausstellung über »Kunst und Auftrag«. Uns hat sie im Anschluss verraten, welches Cranach-Werk ihr besonders gefällt und was bei einem Weimarbesuch nicht fehlen darf.

Frau Käßmann, Sie sind evangelisch-lutherische Theologin und Botschafterin für das Reformationsjubiläum 2017. Was verbinden Sie persönlich mit der Arbeit der Cranachs bezogen auf die Bedeutung für Martin Luther und die Verbreitung der Reformation?

Zum einen hat Cranach das Bild von Luther geprägt. So wie er ihn gemalt hat – und auch Katharina von Bora – haben wir ihn bis heute vor Augen. Zum anderen hat Cranach Luthers Theologie in Bilder umgesetzt, das ist eindrücklich. Die Menschen konnten sehen, was Luther mit »Gesetz und Evangelium« oder auch »Solus Christus« meint, selbst wenn sie nicht lesen konnten.

Der Weimarer Cranach-Altar ist eines der wichtigsten Bildwerke der frühen Neuzeit. Lucas Cranach d. J. setzt damit seinem Vater und Martin Luther ein Denkmal. Der Blutstrahl des Gekreuzigten trifft Cranach d. Ä. am Kopf. Sein dem Betrachter zugewandter Blick verrät: »Wenn mich die Gnade Christi trifft, so trifft sie auch dich.«[1] Ist diese Symbolik von Schuld und Vergebung ein Relikt vergangener Zeiten?

Einerseits ja, denn die Sprache hat sich verändert und auch die theologische Wahrnehmung: Direkt durch das Blut erlöst, so würden wir das heute nicht ausdrücken. Aber dass Menschen sich im Leben in Schuld verstricken und der christliche Glaube Freiheit von der Last dieser Schuld, ja Lebenssinn unabhängig von unserem Tun zusagt, das bleibt für Menschen relevant auch im 21. Jahrhundert.

Bild oder Wort – Welche Sprache ist stärker? Illustriert religiöse Kunst die Heilige Schrift oder erschafft sie einen Wert, der darüber hinausgeht?

Als Lutheranerin hänge ich sehr am Wort. Eine gute Predigt, ein eindrücklicher Text regen mein Denken am meisten an. Aber es gibt religiöse – und manchmal auch säkulare – Bilder, die mich bewegen, die mich staunen lassen, meinen Glauben anregen und vertiefen. In meiner Wohnung hängt beispielsweise das Bild einer Kerze von Gerhard Richter, das möchte ich nicht missen.

Gibt es ein Werk in der Ausstellung »Cranach in Weimar«, das Ihnen besonders gefällt?

Mir gefällt die Zeichnung des jungen Luther. Ein markantes, geradezu kantiges Gesicht. So kann ich ihn mir gut vorstellen auf dem Reichstag zu Worms 1521 mit dieser Haltung: Hier stehe ich, ich kann nicht anders (auch wenn er das nicht wörtlich gesagt haben mag).

Was darf bei einem Besuch in Weimar nicht fehlen?

Offen gestanden kann ich mich da nicht entscheiden. Weimar strotzt von Kultur und Anregungen: Schiller, Goethe, Herder. Aber ich finde wichtig, auch den »Führerbalkon« zu sehen. Freiheit und Menschenwürde, auch Kultur müssen immer wieder neu verteidigt werden, damit die Wege nicht nach Buchenwald führen.

[1] Zitat Dr. Karin Kolb, Kuratorin der Ausstellung »Cranach in Weimar«

Zum Nachhören: Sind Cranachs Werke Kunst oder Auftrag?