Maren Sendrowski stellt zwei Objekte gegenüber, die sie als Fragmente der Weimarer Geschichte interpretiert: Buchenwaldeiche und Torso von Belvedere. (Torso vom Belvedere © MuseoPics - Paul Williams / Alamy Stock Foto; Ein Fragment der Goethe-Eiche © Sammlung Gedenkstätte Buchenwald)
»We love Winckelmann (trotzdem)«
»Von Winckelmann inspiriert – Bauhaus-Künstler zwischen moderner Antike und antiker Moderne«: Im letzten Teil unserer Reihe stellt die Künstlerin Maren Sendrowski zwei Objekte gegenüber, die sie als Fragmente der Weimarer Geschichte versteht: Buchenwaldeiche und Torso vom Belvedere.
Die These Winckelmanns von der natürlichen, durch keinerlei Krankheit beeinträchtigten Schönheit der Griechen inspirierte nicht nur den jungen Goethe, Schiller, Herder und Heyne oder Frau von Stein, sondern später auch die Nationalsozialisten. Bei ihnen wandelte sich die Interpretation des Antikenbildes zu einem rassistisch aufgefassten anthropologischen Maßstab.
Torso vom Belvedere, 1. Jh. v. Chr., Marmor. Musei Vaticani, Rom © MuseoPics – Paul Williams / Alamy Stock Foto
Die Folgen des mörderisch-genozidalen Trugbilds, das auf der Überlegenheit des Schönen, Gesunden und Starken basiert, wird ganz konkret 1938 auch in der unmittelbaren Nähe der Klassikerstadt ankommen, indem das Konzentrationslager Buchenwald auf dem Ettersberg errichtet wird.
Das Lager war am Ende des Krieges das Größte im »Deutschen Reich«. Insgesamt 277.800 Menschen waren dort und in 139 Außenlagern inhaftiert, aus über 50 Ländern, mit unterschiedlichen politischen und religiösen Hintergründen. Über 56.000 Menschen starben an Mord, Folter, medizinischen Experimenten, Krankheiten und Auszehrung.
Ein Fragment der Goethe-Eiche, behauen und poliert, Handarbeit eines namentlich nicht bekannten französischen Häftlings. © Sammlung Gedenkstätte Buchenwald
Auf dem KZ/Gelände Buchenwald gab es nur einen Baum, der unter Naturschutz stand. Es war die »Goethe-Eiche« vor dem Kammergebäude. Die SS ließ sie 1944 fällen, nachdem ein Bombenangriff sie schwer beschädigt hatte. Einige Stücke des Baumes wurden von Häftlingen geborgen, manchmal bearbeitet oder einfach nur aufbewahrt. Die alte Eiche ist eine stille Zeitzeugin der facettenreichen deutschen Geschichte. Sie ist ein Relikt, sie kennt die Geschichte(n) in und um Weimar und überbrückt die Zeitalter der Stadt Weimar – vom goldenen bis zum braunen.
Unter dem Motto »Von Winckelmann inspiriert – Bauhaus-Künstler zwischen moderner Antike und antiker Moderne« haben wir Künstlerinnen und Künstler der Bauhaus-Universität Weimar dazu eingeladen, sich kreativ mit Johann Joachim Winckelmann und seinem Wirken zu beschäftigen. Bis zum Ende der Ausstellung am 2. Juli veröffentlichen wir die unterschiedlichen Ergebnisse dieser künstlerischen Zusammenarbeit wöchentlich im Blog.
Maren Sendrowski
Maren Sendrowski, geboren 1981 in Reinbek und aufgewachsen in der Nähe von und in Hamburg, studierte »Freie Kunst« an der Bauhaus Universität. Zurzeit befindet sie sich im Master-Studium »Sammlungsbezogene Wissens- und Kulturgeschichte« an der Universität Erfurt.
Die Ausstellung »Winckelmann. Moderne Antike« ist nur noch heute im Neuen Museum in Weimar zu sehen.
