Der Bildhauer Walter Sachs in seinem Atelier in Weimar. Foto: Klassik Stiftung Weimar © VG Bild-Kunst, Bonn 2017

»Marcks' Skulpturen strahlen
eine Erhabenheit aus«

Der Weimarer Bildhauer, Maler und Grafiker Walter Sachs im Gespräch über Gerhard Marcks, das Bauhaus und die Frage, wann ein Kunstwerk gelungen ist.

Herr Sachs, was ist Bauhaus für Sie?

Für mich sind eine ganze Reihe von Gegenständen typisch Bauhaus, die Keler-Wiege, die Wagenfeld-Lampe, natürlich auch die Architektur. Gleichzeitig ist Bauhaus für mich die Vielfalt, die breit angelegte ästhetische Welt, die man vielleicht ein wenig mit den Dombauhütten vergleichen kann. Gemeinsam an einem großen Werk zu arbeiten, vom Haus bis hin zum Löffel, das finde ich spannend.

Gerhard Marcks war wie Sie Bildhauer. Haben Sie ein Lieblingswerk?

Ich habe weder ein Lieblingswerk von Gerhard Marcks noch eine Lieblingsfarbe. Aber die teilvergoldete Skulptur einer Schwangeren aus Birnbaumholz, die ich vor einigen Jahren in einer Ausstellung seiner Arbeiten in Jena sah, ist mir als besonders gelungen in Erinnerung. Marcks’ Skulpturen strahlen eine innere Ruhe, eine Erhabenheit aus, geradezu eine menschliche Qualität.

Im Atelier stehen zahlreiche Kunstwerke aus verschiedenen Schaffensphasen. »Meine Altersvorsorge«, sagt Sachs. Foto: Klassik Stiftung Weimar © VG Bild-Kunst, Bonn 2017

Im Atelier stehen zahlreiche Kunstwerke aus verschiedenen Schaffensphasen. »Meine Altersvorsorge«, sagt Sachs. Foto: Klassik Stiftung Weimar © VG Bild-Kunst, Bonn 2017

Bildhauerei damals und heute: Was hat sich verändert?

Heute werden auch Laufschriften, Luftballons, tote Tiere in Formaldehyd und Lichtprojektionen zur Bildhauerei gezählt. Der über lange Zeit tradierte Begriff der Bildhauerei hat sich geändert. Früher ging es um plastische, dreidimensionale Arbeiten, die durch Abtragung in bestimmten Materialien angefertigt wurden. Heute sagen viele Begriffe nichts mehr aus, weil sie alles sein können, das betrifft nicht nur die Bildhauerei.

»… Mir scheinen die Menschen wichtiger als die erfolgreiche Geschirrfabrikation …«, schrieb Marcks am 23. März 1932 an Walter Gropius. Was ist Ihnen als Künstler wichtig?

Auch mir sind vor allem die Menschen wichtig. Wichtig scheint mir aber auch, womit sich Menschen umgeben, wie sie miteinander umgehen, ihr Verhältnis zu Maß und Maßlosigkeit. Es sind Anhaltspunkte für mein Selbstverständnis in der Arbeit als Künstler. Sicherlich ist es aber eine überhöhte Formulierung von Marcks, denn er unterstellt ja, dass es Gropius nicht um die Menschen ging. Dass Marcks die Menschen wichtig waren, zeigt er vor allem in seinen Arbeiten.

Derzeit arbeitet Walter Sachs an einer Löwenfigur. Foto: Klassik Stiftung Weimar © VG Bild-Kunst, Bonn 2017

Derzeit arbeitet Walter Sachs an einer Löwenfigur. Foto: Klassik Stiftung Weimar © VG Bild-Kunst, Bonn 2017

Wann ist ein Kunstwerk Ihrer Meinung nach gelungen?

Für mich ist ein Werk gelungen, wenn Können und Denken hinter dem Entstandenen zurücktreten. Ein Werk soll nicht nur das künstlerische Können zeigen oder die Gedanken, die dahinterstehen, sondern gewissermaßen Subjektcharakter haben. Damit meine ich, dass das Werk eine Art Eigenleben besitzt und Eigenschaften des Künstlers enthält, sei es seine Schrulligkeit oder Teile der Gedankenwelt; es erschöpft sich nicht als Gebrauchsgegenstand. Mir geht es darum, auch Dinge nicht nur als Objekte zu betrachten.

Am Donnerstag, 12. Oktober, findet um 18 Uhr im Neuen Museum Weimar ein »Gesprächsrundgang mit Experten« durch die Ausstellung »Wege aus dem Bauhaus. Gerhard Marcks und sein Freundeskreis« statt. Liz Bachhuber, freie Künstlerin und Professorin für Freie Kunst an der Bauhaus-Universität Weimar und der Weimarer Bildhauer, Maler und Grafiker Walter Sachs reflektieren bildhauerische Werke von Gerhard Marcks.

zur Veranstaltung

zur Ausstellung »Wege aus dem Bauhaus – Gerhard Marcks und sein Freundeskreis«

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