Hans Wilhelm von Thümmel
Minister, Sozialpolitiker und Aphoristiker: Hans Wilhelm von Thümmel gilt als Universalgelehrter der Aufklärung. Das Museum Burg Posterstein widmet ihm eine Sonderausstellung, die die Thüringer Landesausstellung »Die Ernestiner – eine Dynastie prägt Europa« begleitet und ergänzt. Ein Gastbeitrag von Marlene Hofmann, Museum Burg Posterstein.
»Zuverlässigkeit ist die fruchtbare Mutter des Vertrauens –
Jedem Regenten nöthiger, als Gold. « (Thümmel, Aphorismen)
Thümmel, geboren 1744 auf dem Rittergut Schönefeld, beginnt als 16-jähriger in Leipzig zu studieren. Bald jedoch zwingt ihn die finanzielle Not seiner Familie zur Aufgabe. Im selben Jahr tritt er in den Gothaer Hofdienst ein und wird zunächst Page der hoch gebildeten Herzogin Luise Dorothea. Zu ihren fast gleichaltrigen Söhnen Ernst und August knüpft Thümmel ein gutes Verhältnis – er darf die Prinzen auf ihren Reisen begleiten.
»Die schönsten Palläste sind gewöhnlich nichts weiter, als nette Vogelhäuser, in denen Papageien von allen Farben plaudern und keifen. « (Thümmel, Aphorismen)
Hier lernt er diplomatisches Geschick, erwirbt das Vertrauen des Gothaer Hofs und wird bald Kammerjunker, Kammerassessor, Vizepräsident der Kammer in Altenburg und schließlich zum Geheimen Rat und Minister ernannt. Seine diplomatischen Missionen für die Gothaer Herzöge Ernst II. und August führen den Staatsdiener zwischen 1803 und 1808 nach Berlin, Dänemark, Königsberg, Dresden und Paris.
»Der Mensch, welcher den richtigen von der Vernunft gebildeten Weg fortgeht, ohne sich durch Lob oder Tadel anderer stören zu lassen, ist der wahre Philosoph.« (Thümmel, Aphorismen)
Neben seinen politischen Aufgaben versucht Hans Wilhelm von Thümmel, die Lebensumstände im Herzogtum Sachsen-Gotha und Altenburg für alle zu verbessern: Er gründet eine Kammerleihbank, Armenhäuser, das erste Altenburger Krankenhaus, das damals als eines der modernsten in Europa gilt, und engagiert sich für Straßenbau sowie Vermessung und Kartierung des Herzogtums.
»Die Verbesserungen der Landstraße und Wege sind vorzüglich Herrn von Thümmel zu danken. Wir empfanden diese Wohlthat doppelt nach den wahren Mordwegen von Leipzig bis Krona«, notiert die Berliner Autorin Lili Parthey nach ihrer Reise zum Schloss Löbichau im Jahr 1816 im Tagebuch.
»Nichts ist törichter als Religionszwist. Auf den Feldern steht Weizen, Korn, Gerste und gedeiht nebeneinander. Jedes einzeln verbacken gibt ein gesundes, zusammen verbacken ein weißes und schmackhaftes Brot.« (Thümmel, Aphorismen)
Viele Jahre gehört der Naturliebhaber Thümmel zum Dichterkreis der Herzogin von Kurland in Löbichau. Gemeinsam mit seiner Frau Charlotte Freiin von Rothkirch und Trach besucht er die Berliner Salons und veröffentlicht verschiedene Schriften, von denen die »Aphorismen aus den Erfahrungen eines Sieben und Siebzigjährigen« zu den bekanntesten gehören.
Seine ungewöhnliche Grabstätte ist noch heute ein beliebtes Ausflugsziel: In den Wurzeln der sogenannten 1000-jährigen Eiche in Nöbdenitz lässt sich der Universalgelehrte begraben. »Der Minister hatte angeordnet, daß man ihn im Innern der Eiche begraben solle, damit seine irdischen Ueberreste unverweilt als sprossende Zweige und grüne Blätter an die freie Himmelsluft hinausgelangen möchten«, schreibt der Altertumsforscher Gustav Parthey in seinen »Jugenderinnerungen«.
Die Sonderausstellung »Im Dienste der Ernestiner – Hans Wilhelm von Thümmels Aufstieg vom Pagen zum Minister« auf Burg Posterstein läuft noch bis 31. Oktober 2016