J. W. v. Goethe (1749–1832) | Arabische Schreibübungen aus der Zeit des ›West-östlichen Divans‹, 1816 © Klassik Stiftung Weimar

J. W. v. Goethe (1749–1832) | Arabische Schreibübungen aus der Zeit des ›West-östlichen Divans‹, 1816 © Klassik Stiftung Weimar

J. W. v. Goethe (1749–1832) | Arabische Schreibübungen aus der Zeit des ›West-östlichen Divans‹, 1816 © Klassik Stiftung Weimar

Lateinische Transkription und deutsche Übersetzung (Ausschnitt)

Gemalte
Fliegenbeine

»Die Islamophobie ist der salonfähige Antisemitismus«, warf der
syrisch-deutsche Autor Rafik Schami kürzlich deutschen Intellektuellen vor. Dem Kölner Stadt-Anzeiger sagte er, Sie seien zu feige, sich mit der arabischen Kultur auseinanderzusetzen. Ihre Kritik am
Islam würde sich nur aus Klischeebildern und Vorurteilen speisen.

Ein Vorwurf, den man Goethe kaum hätte machen können:
Er beschäftigte sich intensiv mit dem Koran und der arabischen Welt, besonders mit der Dichtung.

»In keiner Sprache ist vielleicht Geist, Wort und Schrift so uranfänglich zusammengekörpert«, schrieb er am 23. Januar 1815 an Christian Heinrich Schlosser.

J. W. v. Goethe (1749–1832) | Arabische Schreibübungen aus der Zeit des ›West-östlichen Divans‹, 1816 © Klassik Stiftung Weimar

J. W. v. Goethe (1749–1832) | Arabische Schreibübungen aus der Zeit des ›West-östlichen Divans‹, 1816 © Klassik Stiftung Weimar

Bei Goethes jährlicher Badekur in Berka am 18. Mai 1814 brachte ihm sein Verleger Johann Friedrich Cotta eine Neuerscheinung des Verlags mit: Joseph von Hammer-Purgstalls zweibändiges Werk
»Diwan von Mohammed Schemsed-din Hafis. Aus dem Persischen zum erstenmal ganz übersetzt«.

Die Lyrik des persischen Dichters inspirierte Goethe zu seiner späteren Gedichtsammlung »West-östlichen Divan«.

In Goethes Nachlass gibt es zahlreiche eigenhändige Aufzeichnungen in Arabisch, Persisch, Hebräisch, Syrisch und Sanskrit. Insbesondere kalligraphische Versuche dienten ihm dazu, »über diese sinnlich ansprechende Schrift die orientalische Kultur zu erfassen«, schreibt Anke Bosse.

Goethe selbst besaß originalsprachige Quellen und kopierte daraus arabische Namen und Vokabeln. Richtig erlernte er die Sprache allerdings nicht, es blieb bei Schreib- und rudimentären Grammatikübungen.

Goethes arabische Schreibübung

Goethes arabische Schreibübung

Eine seiner handschriftlichen Aufzeichnungen zeigt neben arabischen Schriftzeichen deutlich eine lateinische Transkription und
eine deutsche Übersetzung.

»Vaterlands Liebe Gehört zum Glauben« lässt sich in der Mitte des Schriftstücks lesen, aber auch einzelne Städtenamen wie »Istanbul«, »Constantinopel« oder Wörter wie »Moral« und »Honig«.

Tintenflecke und verwischte Zeichen verstärken den Eindruck, es handle sich um Schreibversuche eines Schülers, der sich mit ihm unbekannten Buchstaben auseinandersetzt.

Zeitgenossen bedachten Goethes Schreibübungen nicht selten mit Spott: So schrieb etwa Christian Gottlob von Voigt an seinen Ministerkollegen Goethe: »Die arabischen Manuscripte sind sehr schön; man sollte kaum glauben, daß diese Fliegenbeine gelesen werden könnten«.

Zu sehen sind Goethes arabische Schreibversuche in der Ausstellung »Schätze des Goethe- und Schiller-Archivs« vom 25. März bis zum 14. August 2016 im Goethe- und Schiller-Archiv.

Ein Blatt aus seinen naturwissenschaftlichen Arbeiten oder Schillers Aufzeichnungen zur unvollendeten Tragödie ›Die Prinzessin von Zelle‹ gehören ebenso in die neue Schau wie die Geschichte eines Goethe-Porträts von Friedrich Wilhelm Riemer.

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