»Ernestiner« trifft Bauhaus, Teil 3:
»The Release«
»Ernestiner« trifft Bauhaus: Wir haben Künstlerinnen und Künstler der Bauhaus-Universität Weimar gebeten, Werke der Ernestiner-Ausstellung neu zu interpretieren und Ideen sowie Herangehensweise in einem kurzen Text zu beschreiben. Im Blog zeigen wir jede Woche ein Ergebnis.
Mit ihrer Interpretation des sogenannten Reformationsteppichs von Seger Bombeck verweist Franziska Becher auf die heutige Situation im Nahen Osten.
Seger Bombeck schuf den Reformationsteppich um 1555. Die Tapisserie stellt Martin Luther als einen den Kirchenvätern ebenbürtigen Glaubenszeugen dar, der die Erlösungstat Christi als das zentrale Ereignis der Heilsgeschichte hervorhebt.
Schwebende Engel tragen eine Tafel mit Zitaten zum Sieg Christi über Tod und Teufel.
In jahrzehntelangen Kriegen während des 16. Jahrhunderts kämpften Katholiken gegen die reformierten Länder.
Auf der Tapisserie wird die Instrumentalisierung der Religion in Krieg und Kampf sichtbar.
Bilder dienten bis ca. ins 19 Jahrhundert als Nachrichtenvermittler.
In »The Release« wird eine Neuinterpretation der Tapisserie gemacht, die auf die heutige Situation im Nahen Osten verweist, in Form eines Triptychons, das eine religiöse Deutung zulässt –
Die Verbreitung des Glaubens durch Krieg.
Angefangen bei einer Geiselnahme von DAESH (»Islamischer Staat«), einem Bombenangriffe, hin zu Waffengebrauch; Kalaschnikows wurden in fast jedem bekannten bewaffneten Konflikt nach dem zweiten Weltkrieg eingesetzt.
Zudem wird ein Eingriff von christlich geprägten Staaten sowie eine europäische Mitverantwortung nahegelegt.
Gewählt wurden die Bilder aus der digitalen Nachrichtenwelt.
Dabei wurde der Hintergrund der Tapisserie, der unter Verwendung von Pflanzenornamentik und Vogelmetaphern die ausgefochtene innerprotestantische Fehde um die Rechtfertigungslehre darstellt, in die Bilder des Triptychon »The Release« eingeflochten.
In Schlachten dient die Religion nicht nur als Mittel der Propaganda, wie in der Tapisserie sowie im Triptychon dargestellt.
Religiöse Versprechungen wie Erlösung und Leben nach dem Tod werden von den kriegsführenden Staaten zur Motivation eingesetzt.
Die Ornamentik der Tapisserie, aufgegriffen in »The Release«, baut damit eine Brücke zwischen Gegenwart und europäischer Vergangenheit.