Das Liebhabertheater auf Schloss Kochberg, Foto: Maik Schuck

Ein Gespräch im Hause Stein

Im Mittelpunkt des Sommerfestivals 2017 im Liebhabertheater Schloss Kochberg, Theater an der Klassik Stiftung Weimar, steht der 275. Geburtstag Charlotte von Steins, der Hausherrin und engen Freundin Goethes. Diese Beziehung beschäftigt bis heute die Gemüter und hat eine Vielzahl von teils interessanten, teils mehr als merkwürdigen fiktiven Geschichten und Romanen angeregt. Im Festival-Programm werden Goethes reale Briefe an seine geliebte Freundin mit Fiktion konfrontiert.

Barbara Schnitzler in »Ein Gespräch im Hause Stein...«, Foto Fabian Schellhorn

Barbara Schnitzler in »Ein Gespräch im Hause Stein…«, Foto Fabian Schellhorn

Nun also zur Fiktion: Auf der Bühne unseres historischen Theaters zeigen wir das Monologstück »Ein Gespräch im Hause Stein über den abwesenden Herrn von Goethe« von Peter Hacks. Das Stück wirft einen Blick auf die bis heute geheimnisvolle Beziehung zwischen Goethe und Frau von Stein. Ohne Ankündigung und Abschied ist Goethe nach Italien abgereist und hat die verheiratete Charlotte nach 10-jähriger enger Freundschaft, von der über 1.700 Briefe und »Zettelgen« zeugen, tief gekränkt. Diese Situation hat Peter Hacks im 20. Jahrhundert in einem scharfsinnigen Monolog in Szene gesetzt.

»Ich bin nun also die Ursache davon, dass er uns heimlich verlassen hat, über Nacht, unangekündigt, ohne Abschied oder Erlaubnis«, sagt die Dame des Hauses am Anfang. In einer fiktiven »Beichte« berichtet Charlotte ihrem Ehemann von ihrem Verhältnis mit Goethe und wir erfahren ebenso von seinem Genius wie von seinen Schwächen, Marotten und Eitelkeiten: »Goethe kam nach Weimar und erwies sich als ein Grobian, und der Herzog … hatte ihn sich in den Kopf gesetzt. […] Es bedurfte eines Erziehers und die unausgesprochene Wahl des Hofes fiel nicht zufällig auf mich.« So schildert Charlotte den Beginn der Beziehung. Später urteilt sie: »Goethe ist ein sehr eigenartiges Talent, […] er kann nichts, das allerdings hervorragend«

oter Salon Schreibtisch von Charlotte von Stein. Geschenk von Goethe 1779

Blick in den roten Salon auf Schloss Kochberg. Zu sehen ist der Schreibtisch von Charlotte von Stein, den Goethe ihr schenkte. Foto: Jens Hauspurg © Klassik Stiftung Weimar

Peter Hacks hat eine überraschende Pointe in sein Stück eingebaut – die ist wie das gesamte Stück natürlich Fiktion. Wie die Lektüre ihrer Korrespondenz und Einschätzungen ihrer Freunde zeigen, war Frau von Stein mitnichten so, wie sie hier dargestellt wird. Aber das Stück ist genial. Und es ist – natürlich – eigentlich ein Stück über Goethe

Bei der umjubelten Uraufführung am 20. März 1976 am Dresdner Staatsschauspiel spielte Traute Richter die Baronin von Stein in der Regie von Klaus Dieter Kirst. Danach hat sie es mehrfach im Liebhabertheater Schloss Kochberg aufgeführt, wie mir die damalige Leiterin Frau Förster-Stahl berichtete. Die Aufführungen mit Traute Richter waren legendär. Bekannt war der Anblick ihres »Trabbis«, mit dem sie zu den Aufführungen fuhr – mit der Puppe des Ehemanns Josias von Stein auf dem Nebensitz – der die Rolle des stummen Zuhörers in dem Monolog-Stück spielt. Dieser »ausgestopfte Josias« saß dann auch vor einer Probe in der Künstlergarderobe des Liebhabertheaters. Von der hereinkommenden Reinigungskraft soll er für echt gehalten und gegrüßt worden sein.

Blick über Kochberg mit Schloss. Foto: Roland Dreßler © Klassik Stiftung Weimar

Blick über Kochberg mit Schloss. Foto: Roland Dreßler © Klassik Stiftung Weimar

Nun kehrt das Erfolgs-Stück ins Liebhabertheater Schloss Kochberg zurück. Regie-Altmeister Helfried Schöbel hat es für uns inszeniert. In einer Koproduktion unseres Theaters mit Rolf Hoppes Hoftheater Dresden, dem Goethe-Theater Bad Lauchstädt und der Villa Teresa in Coswig erlebt das Stück am 27. Mai 2017 seine Premiere in Kochberg, am Ort des Geschehens. Die Rolle der Frau von Stein spielt die großartige Barbara Schnitzler vom Deutschen Theater Berlin. Aber ohne einen ausgestopften Josias. Warten Sie ab, wie wir das lösen. Anwesend ist er schon.

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