Nietzsches Zahnbürstentitel
Einen Titelentwurf zu »Der Wille zur Macht« verwendete Friedrich Nietzsche später für private Notizen, wie die Erinnerung an den Kauf einer Zahnbürste. In Fachkreisen spricht man vom »Zahnbürstentitel«.
Nietzsches Nachlass
Anlässlich des 170. Geburtstages von Friedrich Nietzsche präsentiert die Klassik Stiftung Weimar vom 8. August bis 18. Dezember 2014 im Goethe- und Schiller-Archiv eine Kabinettausstellung zum Nachlass des Philosophen. In den kommenden Wochen berichten wir im Blog von kleinen Entdeckungen am Rande der Ausstellung.
Das Foto auf der Umschlagseite des Kataloges zur Ausstellung Nietzsches Nachlaß zeigt nicht die Schreibmaschine, die in der Ausstellung selber als diejenige Nietzsches bezeichnet wird.
Das gleiche trifft auf die Abbildung im Inneren des Kataloges zu.
Gleichwohl wird im Text der Eindruck erweckt, die Bilder zeigen die Schreibmaschine Nietzsches.
Was soll der aufmerksame Nietzscheleser im Zeitalter der schludrigen Dissertationen davon halten?
Das ist ganz sicher Nietzsches Schreibmaschine, die hier im Goethe-Nationalmuseum nach ihrer Reparatur vor Jahren mehrfach fotografiert worden ist. Zugegeben, bei perfekter Ausleuchtung sieht das Exponat durchaus »edler« und vielleicht auch »besser« aus. Aber es besteht kein Zweifel, dass es sich um Nietzsches Schreibmaschine handelt.
Beste Grüße,
Thomas Föhl
Sehr geehrter Dr. Föhl,
ich habe heute nochmals die Bilder Ihres Kataloges mit der ausgestellten Schreibmaschine verglichen und folgende Unterschiede festgestellt.
Nietzsches Schreibmaschine weist vor der Halkugel mit den Tasten drei längliche Bedienelemente auf, die senkrecht stehen. Die Abbildungen in Ihrem Katalog weisen nur zwei senkrecht stehene Bedienelemente auf. Bei Nietzsches Maschine ist die Klingel unten rechts montiert, bei den Bildern in Ihrem Katalog befindet sich die Klingel unten links. Es gibt noch weitere Unterschiede….
Bei Nietzsches Schreibmaschine kann die Klingel auch nicht unten links montiert werden, weil eine entsprechende Gewindebohrung fehlt.
Das ist doch erklärungsbedürftig. Dafür gibt es in wissenschaftlichen Publikationen die Fußnoten, über die sogar einige Minister bereits gestolpert sind.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass die in Ihrem Katalog abgebildete Schreibmaschine nicht die Maschine ist, die Sie als Nietzsches Schreibmaschine bezeichnen.
Ich vermute, dass für den Katalog aus dem digitalen Bildermeer einige schöne Bilder ausgewählt wurden, ohne dass darauf geachtet wurde, ob diese Bilder auch Nietzsches Schreibmaschine abbilden.
Erstaunlich nur, dass Sie mit diesen Bildern durch Europa reisen und niemand bemerkt es….
Wir, die Kuratoren, entschuldigen uns tausendmal. Das für uns Undenkbare hat sich bei der Autopsie dann leider als wahr erwiesen: Sie haben völlig Recht, das Bild in der Publikation ist wirklich nicht das von Nietzsches Schreibmaschine, ein Glück, dass Sie das bemerkt haben, so dass wir das bei der 2. Auflage korrigieren können. Bei unseren Nachforschungen hat sich übrigens herausgestellt, dass das falsche Bild sich im Pool der Verlagsphotos zur Graphikerin geschmuggelt hat, dass wir es nicht bemerkt haben, ist allerdings unser Fehler!
Mit aufrichtigem Dank für Ihre Hartnäckigkeit entschuldigen wir uns und verbleiben mit freundlichen Grüßen
Dr. Bernhard Fischer
Direktor des Goethe- und Schiller-Archiv