»Geometrie und Natur sind kein Widerspruch« – Robert Krainhöfner in der Orangerie Belvedere, Foto: André Kühn, Klassik Stiftung Weimar

Robert Krainhöfner, »Ringband 90° offen«, 2017, Foto: André Kühn, Klassik Stiftung Weimar

Robert Krainhöfner, »Quadratring 90° offen«, 2017, Foto André Kühn, Klassik Stiftung Weimar

Robert Krainhöfner, »Ringband 120° offen«, 2017, Foto: André Kühn, Klassik Stiftung Weimar

Robert Krainhöfner, »Endliche Säule«, 2017, Foto: André Kühn, Klassik Stiftung Weimar

Das lebendige Wesen der Geometrie

»Das Wesen der Geometrie wird als streng wahrgenommen. Ich möchte zeigen, dass Geometrie lebendig sein kann«. Robert Krainhöfner führt durch den gewundenen Gang im Langen Haus der Orangerie Belvedere. An vielen seiner Werke bleibt er stehen, fährt sorgfältig mit der Hand über das gewachste Holz, prüft es auf Veränderungen. Sondert es Harz ab? Hat es sich verformt? Das Material seiner geometrischen Skulpturen wandelt sich durch Feuchtigkeit und Temperaturschwankungen. Doch Krainhöfner geht es um die Formwirkung und Dynamik seiner aus unterschiedlichen Holzsorten bestehenden Ringe:

»Wenn ich eine vollkommene Figur öffne, kommt sie in Schwingung. Je nachdem wie ich die ursprüngliche Form verfremde, wirkt sie anders – manchmal elegant, manchmal träge, manchmal tänzerisch. Sie verbreitet einen distinktiven Klang im Raum.«

Robert Krainhöfner, »Ringband 120° offen«, 2017, Foto: André Kühn, Klassik Stiftung Weimar

Robert Krainhöfner, »Ringband 120° offen«, 2017, Foto: André Kühn, Klassik Stiftung Weimar

Mit Klängen begann auch die Künstlerbiografie des 1967 in Jena geborenen gelernten Werkzeugmachers. Als er in jungen Jahren merkte, dass er seine Tage nicht mit »dem Erfüllen von Aufträgen anderer« verbringen wollte, plante er zunächst, sich ganz der Musik zu widmen. Seit seinem neunten Lebensjahr spielte er leidenschaftlich Saxophon. Als er an der Weimarer Musikhochschule jedoch nicht angenommen wurde, reiste Robert Krainhöfner auf der Suche nach Sinn durch Südamerika. Besonders die Stätten der Inkas faszinierten ihn, das architektonische Formenspiel beeinflusste ihn nachhaltig. Zurück in Deutschland entschied sich Krainhöfner für die Holzbildhauerei und bewarb sich an der Schnitzschule Berchtesgarden. Mit Begeisterung berichtet der Künstler von dieser Zeit:

»Die haben mir gezeigt, was ich alles kann! Ich wusste das ja gar nicht«.

Künstlerisch entwickelte sich Krainhöfner stetig weiter, studierte Bildhauerei in Nürnberg und wandte sich nach einer »lautstarken Auseinandersetzung« mit seinem damaligen Professor endgültig ab von der figürlichen Arbeit, der Nachahmung menschlicher Formen. Seine abstrahierende Vorgehensweise führte ihn zum Studiengang ›Kunst im Öffentlichen Raum‹, den er 2001 mit Diplom abschloss.

Robert Krainhöfner, »Quadratring 90° offen«, 2017, Foto André Kühn, Klassik Stiftung Weimar

Robert Krainhöfner, »Quadratring 90° offen«, 2017, Foto André Kühn, Klassik Stiftung Weimar

Heute arbeitet Krainhöfner, den es nach dem Studium zurück in seine Heimatstadt zog, vorrangig mit Holz, Stahl und Acrylglas. Gefragt nach seinen künstlerischen Vorbildern fällt ihm Max Bill mit seinen Kugelsegmenten ein, sie reichten aber noch viel weiter zurück:

»Die Inka-Architektur, aber auch die Stonehenges, die Steinkreise, inspirieren mich zu meinen Skulpturen.«

Einordnen würde er sich in das Feld der »Konkreten Kunst«, die nicht von Vorhandenem abstrahiert, sondern auf mathematisch-geometrischen Überlegungen beruht.

Robert Krainhöfner, »Ringband 90° offen«, 2017, Foto: André Kühn, Klassik Stiftung Weimar

Robert Krainhöfner, »Ringband 90° offen«, 2017, Foto: André Kühn, Klassik Stiftung Weimar

Bei seinen in der Orangerie ausgestellten Arbeiten ist die Kreisform vorherrschend.

»Der Kreis ist die Reduktion einer Form. Er ist simpel und leuchtet jedem Betrachter sofort ein. Außerdem bedeutet der Kreis Gleichberechtigung zur Mitte hin, denn alle Ränder sind zur Mitte gleich weit entfernt. Er ist in Balance.«

Das zeigt der Künstler sogleich praktisch: Durch einen Stoß bringt er den offenen Ring zum Schwingen. Nachmachen sollen ihm das die Besucherinnen und Besucher natürlich nicht, seine Figuren seien kein Spielzeug, betont Krainhöfner. Er spiele zwar mit Formen, aber tue es in ernsthafter Reflektion, um Raumwirkungen zu erforschen. Wenn er beispielsweise Formen öffne, so geschehe dies nachvollziehbar und organisch. Zu erkennen ist das an der »Endlichen Säule« – einem früheren Holzring, der nun in die Höhe ragt. Krainhöfner drehte jedes zweite Segment und wickelte den Kreis so auf. Solche Ideen kämen ihm in einer Art meditativem Zustand, wenn er sich in seine Werkstatt, einem ehemaligen Güterbahnhof in Jena, zurückziehe.

Robert Krainhöfner, »Endliche Säule«, 2017, Foto: André Kühn, Klassik Stiftung Weimar

Robert Krainhöfner, »Endliche Säule«, 2017, Foto: André Kühn, Klassik Stiftung Weimar

Öffnungen und Faltungen sind wichtige Merkmale von Krainhöfners Arbeit, denn mit ihnen schafft der Künstler Raum für Dialog. Seine Kunst ist für öffentliche Plätze gedacht und soll ihre Umwelt zwar definieren, aber nicht dominieren. Wie gut seine Skulpturen in die Orangerie Belvedere passen, hat ihn selbst etwas überrascht. Weshalb, wird ihm nach kurzem Nachdenken bewusst:

»Geometrie und Natur sind kein Widerspruch. Gerade in den Fraktalen, den kleinsten Teilen, kommen geometrische Formen vor. Meine Holzringe zeigen das gesamte Innere des Holzes, man kommt dem Baum ganz nahe. Dafür muss ich keine Baumform imitieren.«

Die Ausstellung »Kamelie und Skulptur« mit Arbeiten von Robert Krainhöfner ist noch bis zum 25. März im Langen Haus der Orangerie Belvedere zu sehen. Krainhöfners Skulpturen können bis zum 15. April 2018 besichtigt werden.

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Zur Ausstellung »Kamelie und Skulptur«